Welches Musik Repertoire gibt es auf Notenrollen?

Die verfügbaren Titel auf Notenrollen richteten sich nach dem jeweiligen Zeitgeschmack, der regional – also in Deutschland anders als in den USA- durchaus unterschiedlich war. Gleichzeitig ging es den Herstellern auch darum ein interessanteres und größeres Spektrum an Titeln anbieten zu können als die Konkurrenz. Hupfeld beruft sich früh auf den Anspruch die bedeutendste und vollständigste Klavierliteratur „größte musikalische Schatzkammer“ anbieten zu können – während Aeolian eher mit der großen Auswahl an unterschiedlichen populären Titeln wirbt. Neben dem klassischen Titelrepertoire lag der Fokus immer mehr auf den topaktuellen Titeln.

Auch die politische Lage hatte Einfluss auf den Musikgeschmack – Märsche (Kaiser-Friedrich Märsche etc.) waren in nahezu jedem Rollenrepertoire stark vertreten – insbesondere bis 1919. Hupfeld erschuf eigens ein heroisches Tongemälde „Weltkrieg 1914“ mit Begleittexten für alle Phasen des in-den-Krieg-ziehens. Üblicherweise gab es Musiktitel in den Bereichen „Klassik, Oper & Operette, Märsche, Sakrales, Schlager, Tanz- und Unterhaltungsmusik“. Das typische Repertoire zu einem Pianola umfasste 30-50 Notenrollen – in der Regel zusammengesetzt aus allen Musikbereichen.

In dem Buch „Welte-Mignon-Notenrollen“ von G. Dangel und H.-W. Schmitz ist eine Auswertung der häufigsten Titel erschienen, die in Notenrollenrepertoires von ~60 Welte-Mignon Besitzern zu finden waren. Die Top 10 sind: Liszt’s Liebestraum-Nocturne No3, Paderewski’s Menuett, Wagner’s Isolden’s Liebestod, Liszt’s Ungarische Rhapsodie No 2, Beethoven’s Mondscheinsonate, Strauss‘ Frühlingsstimmenwalzer, Chopin’s Ballade No3, Beethoven’s Pathetique, Wagner’s Rheingold Walhall, Chopin’s Ballade No1. Auch wenn dies sicher eine Welte-Mignon spezifische Top10 ist, ähnelt dies den Titel-Repertoires anderer Deutscher Besitzer bis ca. 1930. Hinzu kamen ab 1915 sehr die deutschen Schlager – in sogenannten Potpourris oder Kollektivrollen wie bei Hupfeld Triphonola.

In den USA und in UK sind die beliebtesten Titel von Chopin, Beethoven, Liszt und Wagner ebenso vertreten – daneben jedoch deutlich auch die amerikanische Unterhaltungsmusik der 1910er-1930iger Jahre wie Ragtime, Jazz, Blues, Swing, etc.. Einige wenige dieser Titel finden sich auch in den Repertoires der damaligen Deutschen Pianolas – aber eher selten – denn diese amerikanische Musik hatte in Deutschland noch nicht Einzug gehalten. Nach 1945 kam diese Musik dann auch vereinzelt auf Pianorollen nach Deutschland. Die Rollen von QRS boten dann weiterhin viele der modernen Titel für das Pianola – jedoch war inzwischen der Kreis der Besitzer dieser Pianolas sehr stark reduziert.

Da um 1900 bis 1930 die Art Klavier zu spielen eine andere war, sind vor allem unter den eingespielten Notenrollen sehr interessante Titel mit teilweise sehr unterschiedlichen Interpretationen zu finden. Die Pianisten lebten die Freiheit der Interpretation bis hin zur Umgestaltung ganzer Passagen deutlich aus. Die Diskussion um sogenannte Werktreue hat sich bis heute erhalten – wobei hier vermutlich nie nur eine Meinung gelten kann. So wie Beethoven sich angeblich lange geweigert hat, seine Musikstücke auf Papier zu bringen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden – und dies zu vermeiden versuchte, in dem er extrem präzise Bezeichnungen für die Spielart einzuführen versuchte. Andere Komponisten hörten die Interpretationen Ihrer Schüler und entdeckten mitunter darin den eigentlich gewünschten Klang – so wie einmal von Vladimir Horowitz beschrieben, als er ein Stück von S. Rachmaninoff in dessen Anwesenheit spielte. Ein Titel mit sehr vielen Interpretationen ist die Rhapsodie No 2 von F. Liszt.

Manche Komponisten um 1910 nutzen die Möglichkeit Ihre Interpretation auf den Notenrollen quasi aufzuzeichnen, um die gewünschte Interpretation eindeutig für die Nachwelt zu erhalten. Es gibt ein von A. Ord-Hume in seinem Buch „Pianola“ genanntes Beispiel des Titels La Cathedrale Engloutie – Claude Debussy spielte dieses eigene Stück bei Welte ein (Rolle 2738) und es stellte sich heraus, dass er auf dem veröffentlichten Notenblatt eine wichtige Tempoangabe „doppio movimento“ vergessen hatte und dies auf der Notenrolle in dieser Passage durch den Komponisten gespielt ganz anders klang. Unter diesem Aspekt sind die Titel, die von den Komponisten selbst eingespielt wurden, besonders interessant. Gleiches gilt für jene Notenrollen, die von den direkten Schülern der Komponisten eingespielt wurden, die gestorben waren bevor diese Aufnahmetechnik verfügbar war. Dies gilt zum Beispiel für die Sonata h-moll von Franz Liszt, eingespielt von dem Schüler Arthur Friedheim bei Hupfeld (Rollen 51890-51891), dessen Interpretation Liszt für die Beste gehalten haben soll.

Wenngleich diese Notenrollen-Titel mit Aufnahmen der Komponisten und Pianisten seltene Zeitdokumente darstellen, kann über deren Authentizität unterschiedlich geurteilt werden. Es gibt hier zahlreiche Beispiele, wo Pianisten ihre eigenen aufgezeichneten Notenrollen in der Wiedergabe ganz furchtbar fanden. Oft wird dies auch an dem schlechten Zustand des Wiedergabeinstrumentes gelegen haben – jedoch sind tatsächlich auch einige Notenrollen einfach mit geringer Qualität umgesetzt worden. Nicht alle Pianisten waren nach der Aufnahme auch bereit, Zeit in die Nachbearbeitung zu investieren. Das auf der ersten Seite genannte Zitat von S. Rachmaninoff über die Ampico Aufnahme wurde wohl geäußert, nachdem er direkt am Aufnahmeflügel die originale Wiedergabe seines Spiels anhörte – und dies klang sicher sehr identisch. Die teilweise überschwänglichen Äußerungen der Pianisten über die verschiedenen Reproduktionsinstrumente sind insgesamt eher skeptisch zu betrachten, da diese sehr oft mit viel Geld motiviert wurden. Nicht nur von Eugene d’Albert sind diese Aussagen der Einzigartigkeit zu mehreren unterschiedlichen Systemen unterschrieben worden. Unabhängig davon bleibt der Genuss die verschiedenen Titel auf unterschiedlichen Pianola Systemen anzuhören und auch den mit den Jahren sich verändernden Ton gleicher Pianisten zu erleben.

Viele der damaligen Pianisten und Komponisten haben auf verschiedenen Systemen ihre Titel eingespielt. Dies lag sicher an verschiedenen Aspekten – der technischen Neuerung der jeweiligen Systeme, der Möglichkeit viele Besitzer dieser Systeme zu erreichen und natürlich auch den lukrativen Honoraren. Bei der Entscheidung für eines der Pianola- bzw. Reproduktionssysteme ist interessant zu prüfen, welche Titel für dieses System verfügbar sind. Wir haben eine Liste der Pianisten zusammengestellt und deren Einspielungen für die unterschiedlichen Hersteller. Ca. 700 Pianisten haben Tausende von Titeln handeingespielt.

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